Ausgabe GARTEN DESIGN 7|2018, Seite 26, taspo.de
Plötzlich Chefin: Der Sprung ins kalte Wasser
Text: Christoph Geißler
Plötzlich Chefin: Der Sprung ins kalte Wasser
Im malerischen Bad Harzburg
an den nördlichen Ausläufern des Harzes befindet sich der Garten- und Landschaftsbaubetrieb von Wolfgang Düe. Nach dem tragischen Tod des namensgebenden Besitzers übernahm Anfang dieses Jahres mit Malena Kregel eine junge Frau die Zügel des Unternehmens. Gerade frisch von der Uni stand sie vor der Aufgabe, den Betrieb auch ohne die Unterstützung ihres Vorgängers weiterhin florieren zu lassen.
Eine persönliche Entscheidung
Mit der Zeit kristallisierte sich für Malena Kregel dann heraus, dass der Dienstleistungsgartenbau ihren persönlichen Wünschen für eine Zukunft entspricht. „Durch mein praxisnahes Studium in Erfurt habe ich viele gartenbauliche Betriebe und Unternehmensformen kennengelernt, die meisten davon waren aber einfach nicht mein Ding.
Ich wollte einen Beruf, der es mir erlaubt, Freizeit und Arbeit zu verbinden und in dem ich frei bin. Außerdem wollte ich nach Hause zurück”, so Malena Kregel. Nachdem sie für sich die Entscheidung getroffen hatte, den Schritt zu wagen und den Betrieb von Wolfgang Düe zu übernehmen, richtete sie ihr Studium ganz auf dieses Ziel aus. „Ich habe sogar meine Bachelorarbeit über diesen Betrieb geschrieben – eine wirtschaftliche Betriebsanalyse, was mir bereits vor der Übernahme einen Einblick in das Management eines Unternehmens gab.”
Ins kalte Wasser geworfen
Der plötzliche Tod von Wolfgang Düe im Dezember 2017, noch vor der Betriebsübernahme, brachte ihre Zukunftspläne jedoch in Gefahr. „Wir hatten zwar schon im September 2017 mündlich vereinbart, dass ich den Betrieb übernehme, aber noch nichts schriftlich festgemacht. Und jetzt war niemand mehr da, der mich als Leitung des Betriebs hätte einarbeiten können. Ich selbst steckte zu dem Zeitpunkt auch noch mitten im Studium“, erzählt Malena Kregel. Nach einigen Verhandlungen mit der Frau ihres Vorgängers konnten sie sich einigen. Zum 1. April 2018 übernahm die 25-Jährige den Betrieb.
„Natürlich war ich jetzt erst mal ins kalte Wasser geworfen und stand vor einem Mammutprojekt. Ich habe mich zwar nach Unterstützung umgeschaut, hatte dort aber nur teilweise Glück.” So wurde etwa ihre Anfrage bei der Wirtschaftsförderung „Wirtschaftsregion Goslar“ abgelehnt, weil sie ihre voraussichtlichen Gewinne mit dem Unternehmen nicht außerhalb der Region erwirtschaftet. Das wäre für eine Unterstützung notwendig gewesen.
„Ich hatte Glück, dass mein Vater der Steuerberater von Wolfgang Düe war und er mich so zumindest aus wirtschaftlicher Sicht unterstützen konnte, zum Beispiel auch bei der Einrichtung einer GmbH. Aber was das ganze Unternehmerische anging, wie etwa Preiskalkulationen und Lieferanten, stand ich erst mal alleine da”, so Malena Kregel. Finanziert hat sie den Unternehmenskauf über einen Bankkredit, den sie bereits im Oktober 2017 bei verschiedenen Banken angefragt hatte. Im gleichen Zeitraum gründete sie auch die GbR für ihren zukünftigen Betrieb, im Januar folgte schließlich die GmbH.
„Damit waren zumindest schon mal die organisatorischen Vorbedingungen für meine Unternehmensübernahme geschaffen,“ erläutert sie. „Die wirklichen betrieblichen Vorbereitungen konnte ich jedoch erst zwei Wochen vor meiner Übernahme beginnen, davor war ich ja noch mit meiner Bachelorarbeit beschäftigt.“
Plötzlich neuer Chef
Durch den überraschenden Führungswechsel hatten die Mitarbeiter von Malena Kregel von heute auf morgen eine neue Chefin und ihre Kunden eine neue Ansprechpartnerin. „Durch mein Vorpraktikum kannten mich die Kollegen ja schon, ich war also kein ganz neues Gesicht für sie.”
Die Übernahme durch Malena Kregel bewahrte die Mitarbeiter vor dem Jobverlust: „Es waren vor meiner Übernahme bereits alle gekündigt, da die Zukunft des Betriebs unsicher war. Ich konnte jedoch alle wieder zu ihren bisherigen Konditionen einstellen.” Lächelnd erzählt sie, dass ihre anfänglichen Sorgen, sie könnte als junge Frau und plötzliche neue Chefin Probleme mit ihrem Team bekommen, unbegründet waren: „Ich hätte mir das Ganze viel komplizierter vorgestellt, aber wenn man seine Leute erst mal kennt, dann klappt das auch.” Auch die Kunden stellten Malena Kregel vor keinerlei Probleme. „Im Allgemeinen sind sie begeistert davon, dass nun eine junge Frau das Steuer übernommen hat. Natürlich gab es mit einigen ein paar Reibungspunkte, wenn etwa Sonderkonditionen per Handschlag mit meinem Vorgänger abgemacht waren, oder sie meinten, mir günstigere Preise abhandeln zu können. Wenn man sich hier aber erst einmal durchgesetzt hat, dann läuft das.”
Das Privatleben geht weiter
„Besonders in der Anfangszeit gab es schon viele Einschränkungen im Privaten”, erinnert sich Malena Kregel, „gerade durch die etwas chaotische Übernahme. Als neue Selbstständige muss man eben doch viel Energie in sein Unternehmen stecken. Mittlerweile hat sich das zum Glück schon gut eingependelt und langfristig hoffe ich auf Freiheiten und Spontaneität, die ich als Arbeitnehmer sonst nicht hätte. Das Härteste liegt zwar mittlerweile hinter mir, aber teilweise habe ich heute noch Probleme, besonders mit dem neuen EDV-System.“ Dass man trotzdem Prioritäten in seiner Freizeit setzen muss, wurde ihr schnell bewusst. „An erster Stelle stehen für mich mein Partner und meine Familie. Zeit für Freunde finde ich hauptsächlich, wenn man abends zusammen essen geht oder ich sie auf einen Kaffee in mein Büro einlade. Aber man muss sich schon die Zeit dafür nehmen.” Dass ihr Zukunftswunsch von mehr Freiheit nicht unerfüllbar ist, hat Malena Kregel schon festgestellt: „Obwohl ich mir etwas Sorgen gemacht habe, konnte ich bereits kurz nach der Betriebsübernahme in einen länger geplanten Angelurlaub nach Kanada und Alaska fliegen. Hier habe ich die gefangenen Fische für eine wissenschaftliche Organisation vermessen und gechipt.” Durch viel Vorarbeit und einiges an Nacharbeit konnte sie sich dieses freie Zeitfenster für den Urlaub schaffen. „Ich habe alles Wichtige vorher erledigt, den ständig anfallenden Bürokram hat die Frau meines Vorgängers für mich übernommen. So kam es zu keinen Problemen. Mir kam es sogar vor, als würde mein Team fast noch besser arbeiten, als wenn ich da gewesen wäre,” erzählt Malena Kregel schmunzelnd.
Tipps für Jungunternehmer
Trotz ihres Arbeitseifers musste auch Malena Kregel zu Beginn Lehrgeld zahlen: „Für Preiskalkulationen habe ich anfangs alte Rechnungen genommen, die ich in den Betriebsunterlagen gefunden habe. Die waren teilweise völlig unterkalkuliert, sodass ich hier und da noch draufzahlen musste. Aber aus solchen Fehlern lernt man schnell.”
Außerdem hat sie festgestellt, dass auch Kleinigkeiten wichtig sind: „Das Betriebshandy darf nie ausgehen. Der einzige, der die PIN weiß, war Wolfgang Düe. Ich kann es nie wieder anschalten.” Auch psychischen Druck muss man als Jungunternehmer gut wegstecken können. „Was ein Kunde super findet, findet ein anderer schrecklich. Hier muss man sich einfach durchsetzen und hart bleiben und man darf sich auf keinen Fall alles gefallen lassen. Gerade anfangs hab ich mich wegen jeder Kleinigkeit verrückt gemacht, das kann man nicht immer abschalten. Aber mit der Zeit härtet man da ab.”
Wünsche für die Zukunft
DER BETRIEB
Der Betrieb Garten- und Landschaftsbau
Düe GmbH – Malena
Kregel (www.gartenbau-duee.de) in Bad Harzburg existiert bereits
seit 29 Jahren. Neben seiner
Chefin Malena Kregel gehören
zum Team acht Vollzeitkräfte,
eine Aushilfe, eine Auszubildende
und eine Bürokraft in
Teilzeit. Auf 1,4 Hektar Betriebsgelände
befinden sich Bürogebäude
und Technikhalle, in
welcher zwei Bagger, ein Radlader,
vier Pritschen, ein Lkw und
vier kleine Traktoren für den
Winterdienst auf Arbeit warten.
Das Leistungsspektrum des Unternehmens
umfasst die üblichen
Dienstleistungen eines
Gartenlandschaftsbaubetriebes
sowie Friedhofspflege und
Winterdienste.