- Artikel aus Blickpunkt Bad Harzburg v. 01.2020 -
Einblicke & Geschichte
»Der damalige Inhaber, Wolfgang Düe, wollte schon lange verkaufen, konnte aber niemanden finden, der das Unternehmen in seinem Sinne fortführen wollte«, erinnert sie sich. Düe sei es wichtig gewesen, dass der neue Inhaber alle Mitarbeiter übernimmt und nicht nur als Investor eintritt. In Malena Kregel sah er die geeignete Nachfolgerin, die sich allerdings zuerst gar nicht so recht mit dem Gedanken anfreunden konnte. »So eine Entscheidung fällt ja nie leicht. Aber während ich an meiner Bachelorarbeit geschrieben habe, konnte ich ie Situation immer mehr überblicken und meine ntscheidung fällen. Das war ein Prozess.«
Gerne hätte Kregel nach dem Studium und vor der Übernahme noch ein halbes Jahr zur Einarbeitung gehabt. Der Plan sah das so uch vor – alles war geklärt, die Übernahme sollte im August stattfinden. Doch die damaligen Umstände machten dem einen Strich durch die Rechnung: Wolfgang Düe starb im Dezember 2017 völlig überraschend. So war sie gezwungen, unerwartet ins kalte Wasser zu springen und fand ein auf ihn perfekt zugeschnittenes Unternehmen vor. »Ich musste erst einmal lernen, das alles zu verstehen und hinter die Organisation zu blicken«, erinnert sie sich.
Unerwartete Umstände
Die Witwe ihres Vorgängers arbeitete zum Zeitpunkt der Übernahme zwar im Unternehmen mit, allerdings nur auf 450-Euro-Basis. Dabei war sie hauptsächlich in der Rechnungslegung tätig und erledigte anfallende Arbeiten aus ihrem Privatbüro, sodass im Unternehmen vor Ort ein entsprechendes Buchhaltungssystem fehlte. Zudem war Daniela Düe beruflich in Vollzeit in einem anderen Unternehmen gebunden. Dergestalt war die gesamte organisatorische Situation für Kregel eine große Herausforderung. »Ich musste sie immer und immer wieder mit Fragen behelligen, weil ich selber noch dabei war, mir einen Überblick zu schaffen. Ich war sehr froh, dass sie mir gern geholfen hat.«
Rettung in Sicht
Wenig später dann die erlösende Rettung für die junge Inhaberin: Daniele Düe kündigte ihren anderen Job und stieg voll in die Firma ihres verstorbenen Mannes ein. »Das war extrem hilfreich und hat die Gesamtsituation entspannt«, berichtet Kregel erleichtert. »Frau Düe ist bis heute hier und kümmert sich neben der Buchhaltung um die ganze Büroorganisation.«
Gemeinsam mit Kregels Vater, einem Steuerberater, wurde die Buchhaltung neu aufgestellt und eine Datev-Lösung installiert. Dieser Schritt verschaffte ihr mehr Zeit, um sich in ihr Unternehmen einzuarbeiten. Nach dem Motto »learning by doing« musste sie erst ein Gefühl für die Geschäftsabläufe bekommen – und das alles neben dem laufenden Betrieb. »Am Anfang konnte ich überhaupt nicht einschätzen, was welche Leistung wert ist. Das war ein großer
Lernprozess«, gibt sie heute zu, »den ich ohne die Unterstützung meines Vaters nicht erreicht hätte.«
Die Übernahme des Betriebes bedeutete natürlich auch die Übernahme der gesamten
Belegschaft – sieben Vollzeitarbeitsplätze und drei Aushilfen. Heute beschäftigt Kregel elf Personen in Voll-, zwei in Teilzeit, zwei Aushilfen und sogar eine Auszubildende zur Garten- und Landschaftsbauerin.
Überhaupt lässt sie nichts auf ihre Mitarbeiter kommen: »Jeder von ihnen hat mich während der Übernahme sehr unterstützt «, sagt sie dankerfüllt. Die große Hilfsbereitschaft des Teams, die fordernde Offenheit und der traditionell gelebte Zusammenhalt hätten es ihr leichter gemacht, »im kalten Wasser zu schwimmen«.
Für ein gutes Betriebsklima
Von Vorteil war außerdem, dass sie bei einem Großteil der Belegschaft bereits durch das
Praktikum bekannt war. Kleine Gesten wie gemeinsame Essen oder kalte Getränke an
heißen Tagen gibt sie gern zur Motivation. »Die Firma steht und fällt mit dem Team und
solche Kleinigkeiten sorgen für ein angenehmes Betriebsklima«, ergänzt sie. Kregel sieht sich
selbst ohnehin als Teil dieses Teams und hat weiterhin Spaß daran, draußen bei den Kunden
mitzuarbeiten und nicht nur am Schreibtisch zu sitzen.
Malena Kregel und ihr Verlobter mit einem Weißen Stör in Kanada am Fraser River. Die
Fische werden zu Forschungszwecken gefangen und danach unversehrt wieder freigelassen.
Die durch den Zeitmangel nicht ausreichend vorbereitete Übernahme stellte im
letzten Jahr die größte Herausforderung dar. »Wolfgang
Düe war 29 Jahre lang im Geschäft und eine besondere Unternehmerpersönlichkeit.
In sein Netzwerk einzusteigen, war wegen seines plötzlichen Ablebens
nicht mehr möglich, sodass ich mir mit Mühe ein neues aufbauen musste.« Heute fordert
sie das Wachstum heraus: die Suche nach neuen Mitarbeitern und in der Folge der langsam
zu klein werdende Fuhrpark. Sie muss über Zukäufe nachdenken und will dabei den
Umsatz und Gewinn im Blick behalten, der sich gut entwickle.